Rettet die Wall Street · Warum wir die Zocker brauchen by Korte Jens

Rettet die Wall Street · Warum wir die Zocker brauchen by Korte Jens

Autor:Korte, Jens [Korte, Jens]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Sachbuch
ISBN: 9783280055243
Herausgeber: Orell Füssli Verlag
veröffentlicht: 2014-03-02T00:00:00+00:00


Der »perfekte Sturm«

Heute machen die Banker gerne Präsident Bill Clinton für dieses Desaster verantwortlich. Als der Demokrat im Amt war, erfüllte er einen lang ersehnten Wunsch seiner Partei: Mit gezielter Förderung – insbesondere über die öffentlich-rechtlichen Hypothekenriesen Fannie Mae und Freddie Mac – sollte es auch für Minderheiten und Familien mit wenig Einkommen möglich sein, ein eigenes Heim zu erwerben. Ein Haus mit Garage und Vorgärtchen gehört für viele bis heute zum American Dream. Clintons Initiative habe dazu geführt, so die Theorie der Banker und vieler Konservativer weiter, dass massenhaft Kredite an Schuldner vergeben wurden, die nicht in der Lage waren, sie zurückzuzahlen. Richtig ist, dass Clinton Hauseigentum förderte – wie viele Präsidenten vor ihm und George W. Bush nach ihm. Es stellt sich jedoch die Frage: Warum vergaben die Banken diese Kredite an wacklige Kandidaten? Gezwungen hat sie schließlich niemand.

Gerne wird auch Alan Greenspan die Schuld zugeschoben. Achtzehn Jahre lang war er Fed-Chef, nur Alfred Hayes hatte das Amt länger inne. Lange galt der US-Notenbankchef als unfehlbar, als einer, der jeden einzelnen Bolzen kannte, den General Motors für den Chevrolet brauchte, und wüsste, was es für die US-Wirtschaft bedeuten würde, wenn man drei davon wegließe. Greenspan genoss die Selbstinszenierung als Orakel. Ich erinnere mich noch an die aufgeregten Berichte, wenn Greenspan mal wieder die Stufen zum Fed-Gebäude in Washington hinaufstieg. Dabei spekulierten die Kommentatoren darüber, was die Dicke seiner Aktenmappe für die Märkte wohl bedeuten würde. Als die Wirtschaft nach dem Platzen der Internetblase in eine Rezession zu sinken drohte, hielt Greenspan mit einer Politik niedriger Zinsen und billigen Geldes dagegen. Das Geld floss in den Immobilienmarkt – um dort die nächste Blase aufzupumpen.

Der US-Immobilienmarkt hatte bis dahin als »Betongold« gegolten. Klar, es hatte Preiseinbrüche und Krisen in lokalen Märkten gegeben, aber noch nie einen Preiseinbruch auf breiter Front, auf US-Ebene. Und so glaubten Hausbesitzer, Makler, Hypothekenanbieter, Banker, Ratingagenturen und Investoren, dass es nie dazu kommen würde. In den Computermodellen, mit deren Hilfe Analysten bei den Finanzinstituten und Ratingagenturen versuchten, Risiken für die Hypotheken zu simulieren, kam ein nationaler Einbruch schlicht nicht vor. Und für die Banken schienen die Risiken auch nicht mehr so brisant. Schließlich meinten sie, einen Weg gefunden zu haben, mit dem sie das Kreditrisiko einfach weiterreichen konnten – wie eine heiße Kartoffel.

Es fing schon damit an, dass bei Banken das klassische Bankgeschäft schon lange nicht mehr die Hauptrolle spielte. Das klassische Modell war: Sparer geben der Bank ihre Ersparnisse als Einlage und erhalten im Gegenzug Zinsen. Dafür reicht die Bank das hinterlegte Geld wiederum an einen Hauskäufer (oder an ein Unternehmen) in der Form eines Kredits weiter. Die Bank finanziert sich aus der Differenz zwischen den Zinsen, die der Sparer erhält, und den Zinsen, die der Schuldner zahlt. Der Nachteil: Die Bank muss einen Teil der Spareinlagen als Sicherheit zurückbehalten, falls der Schuldner nicht zahlen kann. Das ist teuer – wenn Geld als Sicherheit festliegt, dann kann es anderswo keine Rendite erwirtschaften. Eine Situation, die Finanzleute nur ungern akzeptieren. Und es hat den Nachteil, dass



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